Einmal im Monat liegen sie auf dem großen Holztisch mitten in unserer Backstube. Alle unsere Brote, aufgereiht von links nach rechts – es ist Brotprüfung. Angefangen vom milden Ciabatta Grande bis zum kraftvollen Frankenlaib. Von allen Broten liegen drei hintereinander: das von heute, das von gestern und das von vorgestern. Bei unserer Brotprüfung testen wir alle unsere Brotsorten nach Aussehen, Textur, Geruch, Frische, Geschmack … wie immer „Ofen und ehrlich“. Denn nur so schaffen wir es, dass die Brote von übermorgen auch aromatisch, saftig und frisch sind.
Augen zu und durch 🙂
Brotprüfung
Einmal im Monat findet unsere Brotprüfung statt. Dabei beurteilen wir die Qualität unserer Brote mit unserem externen Brotprüfer Rainer Thoma.
Damit Veränderungen auch zielführend und schnell umgesetzt werden können und jeder versteht, um was es geht, ist aus jedem Bereich der Backstube mindestens ein Mitarbeiter dabei. Also ein Teigmacher, ein Mitarbeiter aus dem Bereich der Aufbereitung und ein Ofenbäcker. Dazu kommt noch die Geschäftsleitung sowie eine Kollegin aus der Qualitätssicherung.
Die Systematik gibt vor, dass immer das Brot vom Vortag analysiert und verkostet wird. An diesem Brot kann man am besten beurteilen, wie die Brotaromen aus der Kruste und der Krume entwickelt und sich miteinander verbunden haben. Zusätzlich ist es wichtig zu erkennen, welchen Frischeeindruck das Brot am zweiten Tag gibt. Die Brote werden zuerst auf dem Holzbrett halbiert, dann werden Scheiben und zu guter Letzt kleine Probierstücke geschnitten, so dass jeder etwas von der Krume und von der Kruste hat. Brot verkostet man immer von Innen nach Außen. Wir beurteilen erst die Krume und danach die Kruste.
„Wie sieht es aus?“
Der erste Eindruck zählt auch beim Brot. Unsere Brote müssen immer optisch konstant sein. Wetter-Faktoren wie Luftfeuchtigkeit und Temperatur sorgen besonders am Ofen für leicht variierende Teigeigenschaften – ein Balanceakt für unsere Bäcker. Wir prüfen daher zunächst die Optik und schauen uns Form, Farbe und Oberfläche jedes Brotes genau an.
„Wie fühlt und hört es sich an?“
Die Optik des Brotes lässt erahnen, wie es sich anfühlen und klingen muss. Beim Bauernbaguette wird beispielsweise ein herzhaft robustes Knacken beim Brechen des Brotes, schroffe Kanten und ein weicher, saftiger Kern erwartet.
„Riecht es gut?“
Wir Menschen können bis zu 1 Billion verschiedene Duftstoffe unterscheiden. Chemische Botenstoffe gelangen entweder über die Nase (orthonasal) oder beim Kauen (retronasal) in den Bereich des Riechepithels. Der Geruch verrät bereits viel über das Aroma und den Geschmack des Brotes.
„Wie schmeckt es?“
Der Geschmack wird mit den Rezeptoren und den Papillen auf der Zunge wahrgenommen. Dabei geht es darum, die fünf Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter, salzig und umami (das beschreibt einen herzhaft fleischigen Geschmack) zu analysieren. Dazu wird die Nase zugehalten, und das Brotstück gekaut. Unterschiedliche Bereiche des Brotes werden unterschiedlich wahrgenommen bzw. geschmeckt. Die Krume ist eher süßlich, der Sauerteig bringt fruchtsäuerliche Geschmacksnoten. Aus der Kruste kommen vorwiegend herb-röstige aber auch herb-malzige Aromen, die zum Teil an Mocca und Popcorn erinnern
„Ist es aromatisch?“
Für die Beurteilung des Brotaromas bedarf es einer Kombination der orthonasalen und retronasalen Wahrnehmung im Mund-Nasen-Rachen-Raum. Also der Mischung aus Riechen und Schmecken. Interessant zu beobachten ist, dass beim Öffnen der Nase ein sehr ausgeprägtes Aromaempfinden entsteht. Das kann dazu führen, dass bei einem Brot zum Beispiel ein überraschend intensives Aroma von reifen Bananen zum Vorschein kommt. Bekannt ist dieses Phänomen auch vom Wein, wo man Aromen von Kirschen oder Beeren entdecken kann. Der Gesamteindruck des Brotes ergibt sich dann aus dem Aroma und der Konsistenz.
Brotprüfung mit Rainer Thoma
Nach dem Probieren wird kurz besprochen, ob das Brot unseren Vorstellungen und den Erwartungen unserer Kunden entspricht. Wenn ja, wird die nächste Brotsorte degustiert. Stellen wir fest, dass ein Parameter nicht exakt unseren Standards entspricht, analysieren wir anhand von Protokollen und Produktionsbegleitzetteln, wo eine Abweichung entstanden sein könnte. Wir protokollieren bei jedem Brot die exakte Teigtemperatur, die Teigreifezeiten und andere Parameter. Das Qualitätsmanagement hält die Anpassungen im Protokoll fest und die Bäckermeister setzen sie in der kommenden Nacht, also beim Brot von morgen, direkt um.
Die Basis fast aller unserer Brote ist ein gut ausgereifter Sauerteig und jede Menge Vorstufen, wie Vorteige, Kochstücke oder Brühstücke. All diese Vorstufen sorgen dann beim fertigen Brot für ein individuelles und ausgereiftes Aroma, für Frischhaltung und für ein spannendes Mundgefühl, wie zum Beispiel beim Sportivo Brot mit seinen knackenden Saaten.
Daher prüft das Qualitätsmanagement täglich in unserem Mini-Labor den pH-Wert, die Temperatur und den Säuregrad des Teigs. Unseren Sauerteig pflegen wir ganz besonders und kümmern uns darum, dass er jederzeit seine hervorragende Backfähigkeit und Aromenstruktur behält. So haben es schon Gottlob und Werner Maurer gemacht. Und so machen wir es auch noch heute! Damit ist das Brot von übermorgen also auch immer ein bisschen das Brot von vorgestern.
Unsere handgeformten Brote sind nicht von der Stange. Sie sind individuelle Einzelstücke. Am besten Meisterstücke!
Tobias Maurer
Bäckermeister und Brotsommelier
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