
Das Räuchern gehört zu den ältesten Methoden, Lebensmittel haltbar zu machen. Schätzungen gehen davon aus, dass Menschen schon vor mindestens 10.000 Jahren räucherten, vor allem, um Nahrung für den Winter oder als Reiseproviant zu sichern. Ursprünglich eine Notwendigkeit, ist es heute vor allem eine Technik, um Lebensmitteln wie Wurst, Käse und Fisch ein unverwechselbares Aroma und eine besondere Konsistenz zu verleihen.
In dieser Kunst ist die Firma Fessmann ein wahrer Meister. Seit über 100 Jahren entstehen in Winnenden Räucheranlagen, die weltweit eingesetzt werden und dabei Tradition mit modernster Technik vereinen. „Räuchern ist bei uns sowohl Handwerk als auch Hightech“, erklärt Uli Fessmann, Geschäftsführer und Wurstliebhaber, der stets offen für Neues bleibt und dabei die alten Werte im Blick behält.
Räucherkunst von Hand
Räuchern ist bei Fessmann weit mehr als nur ein Produktveredelungsprozess – es ist Präzisionsarbeit. Vom Zuschnitt und Schweißen der Bauteile bis hin zur Montage wird in der Fessmann-Produktion größtenteils per Hand gearbeitet. Jede Räucheranlage besteht aus viel Blech gepaart mit Elektrik und immer mehr Elektronik und Programmierung, die perfekt zusammenspielen müssen, damit das Räuchern gleichmäßig und kontrolliert abläuft. Jede Schweißnaht muss perfekt sitzen, um den Ofen luftdicht zu verschließen und eine sichere und gleichmäßige Räucherung zu gewährleisten. Im Durchschnitt dauert es zwei Wochen, bis eine Anlage für das Handwerk vollständig montiert und geliefert ist.
Die Produktion ist präzise getaktet: Innerhalb von acht Wochen entsteht eine Handwerksanlage und in acht Monaten eine Großanlage für die Industrie, die dann weltweit ausgeliefert wird. Das Ziel: Innerhalb kürzester Zeit soll eine Anlage beim Kunden einsatzbereit sein. Damit das möglich ist, werden die Anlagen größtmöglich standardisiert und die Prozesse auf agile Methoden umgestellt. „Unser Ziel ist es, dass alle Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung übernehmen. Durch agile Methoden schaffen wir ein gemeinsames Zielbild, das unser Team zusammenhält und gleichzeitig jedem Raum für eigene Entscheidungen lässt – so werden wir schneller und besser.“
Hightech im Räucherkammerl
Der Räucherprozess läuft immer gleich ab. Zunächst werden die Lebensmittel erwärmt, um die Temperatur anzupassen. Anschließend werden sie getrocknet, damit der Rauch besser einziehen kann. Erst dann folgt das eigentliche Räuchern, bei dem Aroma, Farbe und Haltbarkeit entwickelt werden. Je nach Produkt kann anschließend noch ein Kochvorgang hinzukommen, bevor das Lebensmittel zuletzt abgekühlt oder geduscht wird. Dieser gesamte Prozess schafft eine angenehme Konsistenz und ein unverwechselbares Aroma.

Gibt dem Rauch eine milde, süßliche Note. Perfekt für Wurst und Fleisch, sehr verbreitet in Deutschland.

Besonders in den USA beliebt für BBQ, sorgt für einkräftiges, süßlich-würziges Aroma.

Obstholze wie Apfel oder Kirsche eignen sich gut für Geflügel und Schwein und geben eine fruchtige Note.

Der Rauch bildet eine schützende Schicht, die das Wachstum von Bakterien und Pilzen hemmt und das Risiko der Oxidation von Fetten verringert. Zudem enthalten Rauchsubstanzen antimikrobielle Stoffe, die die Haltbarkeit weiter erhöhen. Diese Kombination aus Trocknung und Schutz sorgt dafür, dass geräucherte Produkte länger frisch und genießbar bleiben. Dies wird oft als die Kunst des „Haltbarmachens durch Tradition“ bezeichnet.
Die Schwierigkeit beim Räuchern liegt darin, jeden Schritt präzise zu steuern, um den gewünschten Geschmack und eine gleichmäßige Qualität zu erzielen. Ist die Wurst zum Beispiel nach dem Trocknen noch zu feucht, kann der Rauch zu tief eindringen und einen bitteren Geschmack erzeugen.
„Die Kunst beim Räuchern liegt darin, etwas sehr Unberechenbares zu bändigen und in standardisierte Abläufe zu bringen“, erklärt Uli Fessmann. „Unsere Kunden wollen ein gleichmäßiges Ergebnis. Das heißt, jede Wurst soll denselben goldenen Glanz haben, denselben Biss und dieselbe Aromenfülle. Der Räucherprozess muss also immer gleich ablaufen“ Damit diese Präzision weltweit gewährleistet ist, verfügt jede Anlage über eine Echtzeitüberwachung der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Dauer des Räuchervorgangs. Diese kann über eine App eingesehen und gesteuert werden.


Weltweit im Einsatz – von Angola bis Norwegen
Mit einem Exportanteil von 80 % ist Fessmann weltweit vertreten und erfüllt mit seinen Anlagen die vielfältigen Anforderungen internationaler Märkte. Während in Deutschland nach wie vor hauptsächlich traditionelle Fleischprodukte wie Wurst geräuchert werden, hat sich in anderen Ländern bereits ein Wandel vollzogen. In den Niederlanden und Norwegen etwa sind Wurstprodukte mit einem hohen Soja oder Erbsenproteinanteil zunehmend verbreitet. Dies reduziert den Einsatz tierischer Rohstoffe und bietet eine ressourcenschonende Alternative für alle, die dennoch nicht auf den klassischen Wurst-Geschmack verzichten möchten.
Mit Projekten von Angola bis Norwegen zeigt Fessmann, wie flexibel sich Tradition an regionale Bedürfnisse und neue Märkte anpassen lässt. „Wir haben vor Kurzem ein Projekt in Angola umgesetzt. Eine Durchlauflinie, bei der rund sechs Tonnen Wurst stündlich geräuchert werden können. Dort ist es aber so, dass die Wurst einen sehr hohen Anteil an pflanzlichen Zutaten enthält, die größtenteils sogar direkt im Land angebaut sind. Das ist viel nachhaltiger und schmeckt auch noch.“
Die Zukunft des Räucherns
Uli Fessmann sieht in den Entwicklungen anderer Länder eine mögliche Richtung auch für den deutschen Markt, wo bisher strenge Vorschriften den Fleischanteil in Produkten regulieren. „Ich denke, dass wir auch in Deutschland eine Option von sogenannten Hybridprodukten zulassen müssen, um den hohen Fleischkonsum nachhaltig gestalten zu können“, erklärt Fessmann. „Das erfordert allerdings beim Konsumenten eine Öffnung und ein Umdenken.“
Die Anlagen von Fessmann müssen dann allerdings nicht angepasst werden. Denn sie sind so konzipiert, dass sie flexibel für unterschiedlichste Produkte eingesetzt werden können. „Das Verrückteste, was wir mal geräuchert haben, war Bier – oder vielleicht auch die Brezeln fürs Disneyland“, erzählt Fessmann mit einem Lächeln. Ob Fleisch, Fisch, Käse oder eben Bier: Für Fessmann gibt es kaum Grenzen. „Es gibt eigentlich nichts, was man nicht räuchern kann“, gesteht er lächelnd.

10.000 V. CHR.
Ein glücklicher Zufall
Steinzeitmenschen entdecken, dass der Rauch vom wärmenden Feuer in ihren Höhlen Fleisch länger haltbar macht und vor Bakterien und Schimmel schützt – ein überlebenswichtiger Vorteil.

2.000 V. CHR.
Fisch und Fleisch auf Weltreise
Die Konservierung ermöglicht lange Transportwege. In heißen Gebieten (wie Ägypten) wird getrocknet, in feuchten Gebieten (wie Europa) geräuchert.

Mittelalter
Auf den Geschmack gekommen
Spezialisierte Räuchereien und die Nutzung verschiedener Holzarten entwickeln sich und prägen regionale Aromen und Traditionen.

19. Jahrhundert
Die industrielle Revolution
Neue Anlagen räuchern täglich mehrere Tonnen Fleisch und Fisch – eine zehnfache Steigerung!

1924
Fessmann wird gegründet
Beginn der Produktion in Winnenden. Handwerk trifft auf Innovation.

Heute
Räuchern 4.0
Neuste Maschinen von Fessmann bieten Echtzeitüberwachung und Betriebsdatenanalyse.

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