Es ist ein früher Samstagmorgen im November in der Linsenhalde in Winnenden. Es ist kalt und neblig draußen. Wir machen es uns im warmen Auto gemütlich, mit frischem Cappuccino aus dem Backstubencafé. Wir, das sind Tobias Maurer, das Redaktionsteam und der Fotograf Peter Oppenländer. Mit im Gepäck: eine große Tüte frisch gebackener Brezeln, Brote und ein Hefekranz. Ziel unserer Reise ist der Unterbuchhof südlich von Ulm.
Hier ist Tobias Maurers Mutter Anne aufgewachsen. Und hier lebt sein Vetter Daniel Habdank zusammen mit seiner Familie. Er versorgt die Backstube Woche für Woche mit bis zu 2.500 frischen Eiern, die für die Kuchen und Torten benötigt werden.

Zu viert fahren wir den Albaufstieg entlang, Deutschlands schönste Autobahnstrecke, vorbei an Ulm und danach weiter in eine immer ländlichere Region. Nach gut zwei Stunden Fahrt erreichen wir das Ziel. Der Bauernhof liegt ca. zwei Kilometer außerhalb des 1.500-Seelen-Dorfes Wain.
Inmitten von
Hügeln, Feldern
und Wiesen.

Nur eine schmale Straße führt hierher. Bevor wir nach Unterbuch einbiegen, folgen wir der Straße noch ein Stück. Wir fahren vorbei am Reischenhof, heute ein Golfplatz, und noch einen Kilometer weiter nach Oberbuch. Danach ist Schluss – und es kommt nur noch Wald.
Tobias Maurer verbrachte hier die Sommer- ferien bei Oma und Opa und seinem Vetter und Kumpel Daniel. „Der Hof ist ein bedeutender Teil meiner Kindheit. Mit 8 oder 9 Jahren kam ich hier in den Genuss des besten Honigbrotes meines Lebens. Alles selbstgemacht, das Brot und der Honig. Auch zu Festen kamen immer sehr viele von der großen Familie zusammen. Das waren gut und gerne 20 oder 30 Leute, die es sich auf der Eckbank in der Wohnung von Oma und Opa im ersten Stock gemütlich machten. Zu essen gab es schwäbische Sonntagssuppe mit Mark- und Grießklößen, gemischten Braten mit Spätzle und Kartoffelsalat und zum Nachtisch herrliches Mirabellenkompott. Ein echt schwäbisches Sonntagsmahl. Nach dem obligatorischen Spaziergang haben die Gäste weitergefeiert. Die Gastgeber jedoch nicht, die mussten sich um den Stall und die Tiere kümmern.“

Der Hof wird mittlerweile von Tobias Maurers Vetter Daniel Habdank zusammen mit seiner Frau Claudia und einer Handvoll Helfern bewirtschaftet. Auch Vater Wilhelm, Mutter Anneliese und die beiden mittlerweile erwachsenen Kinder Linus und Franziska Habdank packen regelmäßig mit an. Sohn Linus möchte die bäuerliche Tradition sogar fortführen und den Hof eines Tages übernehmen. Das ist gut, denn die Arbeit auf so einem Bauernhof geht nie aus. Besonders nicht mit über 5.000 Hühnern, die in zwei großen Ställen leben und versorgt werden wollen, mehreren hundert Schweinen, Äckern und Katzen, von denen niemand so genau weiß, wie viele es eigentlich auf dem Hof gibt.
Der Arbeitstag beginnt um 7:30 Uhr mit dem Füttern der Hühner. Das Futter pflanzt die Familie Habdank noch selbst auf ihren Feldern rund um Unterbuch an. Die Hennen bekommen eine Mischung aus Mais, Weizen und Gerste, ergänzt durch wichtige Nährstoffe und Mineralien. Wir schauen uns die beiden Hühnerställe an. Sie bestehen aus einem großen Raum mit Sitzstangen. Über Tore haben die Hennen jederzeit Zugang zu einem Außenbereich mit viel Platz und Frischluft.

Er erinnert ein wenig an einen Spielplatz: Säcke mit Stroh hängen zum Picken von der Decke, ein Holzgerüst (alter Heu-Heinzen) lädt zum Klettern und ein Sandbereich zum Baden ein. Doch zum Legen gehen die Hennen alle rein ins warme Nest.
„Zwischen 8 und 11 Uhr morgens ziehen sich die meisten Hennen zum Legen in die Nester zurück. Die Nest-Boxen sind geschützt, warm, dunkel und gemütlich. Wir bekommen die Hennen bereits, bevor sie mit dem Eierlegen anfangen. So können sie sich gut in die Herde einleben und ihre neue Heimat erkunden. Wenn sie dann das erste Mal mit dem Legen anfangen, gehen sie von sich aus in die dafür vorgesehenen Nester“ … erzählt uns Daniel Habdank.
Die Eier rollen aus dem Nest auf ein Band, welches sie automatisch aus dem Stall nach draußen in einen Vorraum transportiert. Von dort aus kommen sie auf die Sortiermaschine, werden zunächst durchleuchtet und kontrolliert, danach gewogen, nach Gewicht sortiert und mit einem Erzeugerstempel versehen. Mit flinken Fingern befüllt Tochter Franziska einen Eierkarton nach dem anderen. Große, kleine, mittlere, braune und weiße. 4.500 Eier legen die Hennen pro Tag. Wenn es den Hühnern mal nicht gut gehen sollte, merken die Habdanks das spätestens hier. Ist es im Sommer beispielsweise zu heiß, legen die Hennen weniger Eier.
Schlaurer mit Maurer
Welche Farbe die Eier haben werden, erkennt man an den Ohrlappen der Hennen:
Braune Ohren = braune Eier,
weiße Ohren = weiße Eier!
Die Eier verkaufen die Habdanks über Verkaufstouren, über Eierautomaten in der Region und über ihren Hofladen. Und alle zwei Wochen kommt auch eine Lieferung mit 5.000 frischen Eiern zu uns in die Linsenhalde. Dort sorgen sie für Lockerheit, Geschmack und Bindung in den Teigen.
Uns zieht es wieder ins Warme an diesem kalten November-Samstag. Wir machen es uns gemütlich auf besagter Eckbank im ersten Stock. Sonntagsbraten gibt es keinen. Dafür die mitgebrachten Brezeln und den Hefezopf, frisch aufgebrühten Kaffee und selbstgemachte Marmelade aus Quitten, die rund um Unterbuch wachsen.
Danach machen wir uns gut gestärkt wieder zurück auf den Weg in Richtung Linsenhalde. Vorbei an den Äckern, Feldern und Wäldern, durch den noch verschlafen wirkenden Ort Wain, an Ulm vorbei und diesmal den Albaufstieg hinab – Deutschlands schönste Autobahnstrecke.
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