Wolfgang Bürkle auf dem Feld

Brot ist viel mehr als ein Grund­nah­rungs­mit­tel – es ist ein Genuss­mit­tel, ein Kultur­gut, ein Lebens­be­glei­ter, ja im Ideal­fall ein Glücks­ge­fühl­brin­ger. Ob der betö­rende Duft einer frisch geba­cke­nen Kruste, die saftige Textur der Krume oder der unver­gleich­li­che Geschmack eines aroma­ti­schen Älbler Stein­ofen­brots. Brot spricht all unsere Sinne an. Doch wie genau erle­ben wir Brot? Welche Rolle spie­len Geruch, Geschmack und das Gefühl? Und wie entste­hen die Aromen, die Brot so beson­ders machen? Lassen Sie uns gemein­sam auf eine Entde­ckungs­reise durch die Welt der Senso­rik gehen.

Was ist Geschmack und wie entsteht er?

Geschmack ist ein Zusam­men­spiel mehre­rer Sinnes­ein­drü­cke, bei dem Sehen, Riechen, Schme­cken, Fühlen und sogar Hören eine Rolle spie­len. Unser Gehirn ist ein Meis­ter der Verknüp­fung. Nur wenn alle Sinne zusam­men­ar­bei­ten, entsteht ein voll­stän­di­ges Bild des Geschmacks.

Mit den Geschmacks­re­zep­to­ren auf der Zunge nehmen wir die fünf Grund­ge­schmacks­rich­tun­gen wahr: süß, salzig, sauer, bitter und umami. Das eigent­li­che Aroma jedoch, das wir mit fruch­ti­gen, nussi­gen oder rösti­gen Noten verbin­den, nehmen wir durch das soge­nannte retro­nasale Riechen wahr.

Sehen

Der visu­elle Eindruck ist der erste Sinnes­ein­druck beim Brot: Farbe, Porung und Form geben Hinweise auf Textur und Zuta­ten. Ein dunkel geba­cke­nes Roggen­brot wirkt kräf­tig, während ein helles Baguette Leich­tig­keit vermit­telt.

Hören

Der Klang der Kruste beim Brechen offen­bart Frische und Textur. Knackige Krus­ten entste­hen durch die Mail­lard-Reak­tion, die Zucker und Amino­säu­ren in röstige Aromen und Crunch verwan­delt. „Das Hören der Kruste ist ein Einstieg in das Erleb­nis Brot,“ betont Prof. Vilgis, Experte für die Wissen­schaft der Aromen. „Eine kräf­tige Kruste lässt uns ein inten­si­ve­res Geschmacks­er­leb­nis erwar­ten.“

Riechen

Der Duft ist der Schlüs­sel zur Aromaent­fal­tung. Sauer­teig­brot duftet oft fruch­tig-säuer­lich, ein Ergeb­nis von Fermen­ta­tion und Back­pro­zess, bei dem zahl­rei­che flüch­tige Verbin­dun­gen frei­ge­setzt werden.

Schme­cken

Die Zunge nimmt süße, saure, salzige, bittere und umami Noten wahr. Die Kruste eines kräf­tig geba­cke­nen Brotes schmeckt oft leicht bitter, während die Krume eine feine Süße oder Säure besit­zen kann. Oben haben Brote malzige und getrei­dige Röst­aro­men, unten – je nach Rezep­tur – Mokka- bis Popcorn-Aromen.

Fühlen

Das Mund­ge­fühl beein­flusst den Genuss maßgeb­lich: Eine lockere Krume wirkt luftig, eine dichte sätti­gend. Die Kombi­na­tion aus knusp­ri­ger Kruste und weicher Krume macht den Biss in ein frisch geba­cke­nes Brot zu einem voll­stän­di­gen Genuss­mo­ment.

Die Welt der Aromen: Viel­falt und Tiefe!

Aromen sind komplexe Mole­küle, die durch chemi­sche Reak­tio­nen frei­ge­setzt werden und unser Geschmacks­er­leb­nis prägen. Aroma ist eine Mischung aus Geschmack und Geruch. Die retro­nasale Wahr­neh­mung spielt hier­bei die Haupt­rolle: Während des Kauens gelan­gen flüch­tige Mole­küle von der Mund­höhle in den Nasen­raum und verbin­den sich dort mit den Geruchs­re­zep­to­ren.

Das Ergeb­nis ist eine Geschmacks­explo­sion, die weit über das hinaus­geht, was die Zunge alleine erfas­sen könnte. „80 % des Geschmacks sind Geruch“, erklärt Prof. Thomas Vilgis. „Ohne den Geruch wäre unser Eindruck von Brot eindi­men­sio­nal.“ Und wiederum 80 % des Brot­aro­mas befin­den sich in der Kruste.

Wie entsteht die Brot­kruste?

Die Entste­hung der knusp­ri­gen Brot­kruste ist ein wahres klei­nes Wunder der Wissen­schaft – und gleich­zei­tig ein Tanz zwischen Hitze, Feuch­tig­keit und Chemie.

Wir erkun­den es gemein­sam Schritt für Schritt:

1. Der Ofen als Bühne
Die Kruste entsteht nur unter großer Hitze. Im Ofen wird die Brot­ober­flä­che extrem heiß – oft bis zu 200 – 250 ° C. Diese Hitze trock­net die äußere Schicht des Teigs schnell aus, was später die Basis für die knackige Kruste wird.

2. Mail­lard-Reak­tion – der Künst­ler am Werk
Hier beginnt die Magie! Wenn die Tempe­ra­tur über 140 ° C steigt, star­tet die soge­nannte Mail­lard-Reak­tion. Das ist ein chemi­scher Prozess, bei dem Zucker und Prote­ine aus dem Mehl und der Kruste mitein­an­der reagie­ren. Diese Reak­tion verleiht der Kruste ihre braune Farbe, ihren verfüh­re­ri­schen Duft und das inten­sive Aroma, das wir lieben.

Wir können es uns wie ein Konzert vorstel­len: Zucker und Prote­ine sind die Musi­ker, und die Hitze des Ofens ist der Diri­gent, der alles zusam­men­bringt.

3. Feuch­tig­keit – der geheime Zuta­ten­spen­der
Der Dampf im Ofen spielt eine entschei­dende Rolle. Am Anfang der Back­zeit hilft der Dampf, die Ober­flä­che des Teigs geschmei­dig zu halten, sodass das Brot schön aufge­hen kann. Sobald der Dampf jedoch verschwin­det, trock­net die Ober­flä­che aus und bildet eine feste, knusp­rige Schicht.

4. Die Rolle der Stärke
Die Stärke im Mehl ist wie ein Archi­tekt. Während das Wasser verduns­tet, bildet die Stärke eine Art Gel, das sich verfes­tigt und zur Stabi­li­tät der Kruste beiträgt. Diese Schicht wird bei weite­rer Hitze­ein­wir­kung immer härter – der Moment, in dem die Kruste ihre perfekte Textur erhält.

5. Hören, Sehen, Fühlen
Ein Brot mit perfek­ter Kruste „erzählt“ dir, dass es fertig ist: Es knis­tert leicht, wenn es aus dem Ofen kommt, es hat eine satte gold­braune Farbe und fühlt sich knackig an.

Zusam­men­ge­fasst entsteht die Brot­kruste durch eine Kombi­na­tion aus Hitze (zum Trock­nen und Rösten), Dampf (zur Kontrolle der Textur) und der Mail­lard-Reak­tion (für Geschmack und Farbe). So wird das einfa­che Brot zu einer sinn­li­chen Erfah­rung für alle Sinne!

Dinkel Vollkorn Brot

Warum macht Sauer­teig Brot aroma­ti­scher?
Die Fermen­ta­tion im Sauer­teig produ­ziert neben Milch­säure auch Essig­säure und andere orga­ni­sche Säuren, die den Geschmack inten­si­vie­ren und die Halt­bar­keit des Brotes verlän­gern. Die Aromen­viel­falt im Sauer­teig­brot ist dadurch deut­lich größer als bei schnell fermen­tier­tem Hefe­ge­bäck.

Wie entste­hen die Aromen im Brot?

Die Aromen­viel­falt eines Brotes beginnt bereits bei der Auswahl der Zuta­ten und setzt sich während des gesam­ten Back­pro­zes­ses fort:

Die Rohstoffe:

  • Maurer­korn: Jede Getrei­de­sorte bringt eigene Aromen mit sich. Wir verwen­den für unsere Brote ausschließ­lich unser unge­spritz­tes Maurer­korn aus dem Rems-Murr-Kreis. Roggen hat erdige, malzige Noten, während Weizen nussig und mild schmeckt. Dinkel betont süßlich-nussige Töne.
  • Beleb­tes Elisa Wasser: Die Mine­ral­zu­sam­men­set­zung des Wassers beein­flusst die Teig­struk­tur und damit auch die Aromen­bil­dung. In unse­rer Back­stube verwen­den wir beleb­tes Elisa Wasser, das durch seine Rein­heit die Quali­tät des Brotes unter­stützt.
  • Quell­salz: Wir setzen auf hoch­wer­ti­ges Quell­salz, das dem Brot eine feine und ausge­wo­gene Geschmacks­note verleiht.
  • Sauer­teig oder Hefe: Sauer­teig sorgt für komplexe, leicht säuer­li­che Aromen, die durch die Fermen­ta­tion entste­hen und das Brot beson­ders bekömm­lich machen.

Die Fermen­ta­tion:
Der Teig geht während der Fermen­ta­tion buch­stäb­lich auf Entde­ckungs­reise. Durch die Akti­vi­tät von Hefen und Milch­säu­re­bak­te­rien entste­hen Gase, die den Teig lockern, sowie orga­ni­sche Säuren, die den Geschmack inten­si­vie­ren. Milch­säure bringt sanfte Säure, während Essig­säure für eine kräf­ti­gere Note sorgt. Fermen­ta­ti­ons­zeit und ‑tempe­ra­tur sind entschei­dend: Ein lang­sam gereif­ter Teig hat mehr Zeit, Aromen zu entwi­ckeln und ist bekömm­li­cher.

Das Backen:
Im Ofen entfal­tet sich die Magie. Die Hitze löst die soge­nannte Mail­lard-Reak­tion aus, bei der Zucker und Amino­säu­ren zu unzäh­li­gen Aromen verschmel­zen. Diese Reak­tion ist für die rösti­gen, kara­mel­li­gen Noten der Kruste verant­wort­lich. Gleich­zei­tig entste­hen durch die hohe Hitze fruch­tige und nussige Aromen.

Brot & Käse: Geschmacks­paare für Fein­schme­cker

Die Verbin­dung von Brot und Käse ist ein Klas­si­ker in der kuli­na­ri­schen Welt. Beide Produkte werden tradi­tio­nell herge­stellt und bieten eine enorme Band­breite an Aromen. Durch das Zusam­men­spiel von Textu­ren und Geschmacks­pro­fi­len entste­hen harmo­ni­sche oder auch kontrast­rei­che Kombi­na­tio­nen, die den Genuss stei­gern. Tobias Maurer hat in seiner Abschluss­ar­beit zum Brot­som­me­lier Geschmacks­paa­run­gen probiert. Hier sind einige heraus­ra­gende Kombi­na­tio­nen:

Dinkel-Voll­korn­brot &
Jura Comté

Die leicht süßli­chen Noten des Dinkel­bro­tes balan­cie­ren die kräf­ti­gen, bitte­ren Aromen des Jura Comté aus. Diese Kombi­na­tion über­zeugt mit einem harmo­ni­schen Spiel aus cremi­ger Textur und inten­si­ven Geschmacks­no­ten, die durch den langen Reife­pro­zess des Käses entste­hen.

Grafik Dinkel-Vollkornbrot & Jura Comté

Nuss­brot &
Oberst­dor­fer Berg­käse

Das Nuss­brot, ange­rei­chert mit Wal- und Hasel­nüs­sen, ergänzt die schwef­li­gen und kräf­ti­gen Aromen des Berg­kä­ses perfekt. Die rösti­gen und nussi­gen Nuan­cen des Brotes werden durch die würzige Inten­si­tät des Käses verstärkt, was zu einer voll­mun­di­gen Geschmack­s­tiefe führt.

Grafik Nussbrot  & Oberstdorfer Bergkäse

Bauern­baguette &
Gorgon­zola Dolce

Das Bauern­baguette über­zeugt durch seinen ausge­wo­ge­nen und dezen­ten Geschmack, der dem Gorgon­zola Raum gibt, seine charak­te­ris­ti­sche Bitter­note voll zur Geltung zu brin­gen. Gleich­zei­tig harmo­niert es perfekt mit der feinen Umami-Aroma­tik des Käses und fängt diese geschmack­lich gekonnt ein.

Grafik Bauernbaguette & Gorgonzola Dolce

Schwä­bi­sches Schnitz­brot &
Parmi­gi­ano Reggi­ano

Das fruch­tig-süße Schnitz­brot mit seinen Trocken­früch­ten und Nüssen harmo­niert über­ra­schend gut mit der salzi­gen, umami-beton­ten Tiefe des Parmesans. Die Viel­sei­tig­keit des Schnitz­bro­tes, bei dem jeder Bissen eine neue Kombi­na­tion aus Frucht und Röst­no­ten bietet, ergänzt die inten­si­ven Aromen des Hart­kä­ses auf einzig­ar­tige Weise.

Grafik Schwäbisches Schnitzbrot  & Parmigiano Reggiano

Quel­len:
Aroma: Die Kunst des Würzens – Thomas Vierich, Thomas Vilgis
Die Spra­che des Brotes – Michael Klei­nert, Bernd Kütsch­ner
Food-Pairing mit Brot & Käse – das Konzept – Tobias Maurer

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