Die Zusam­men­ar­beit der Pauli­nen­pflege mit dem Bäcker Maurer reicht bis zu den Anfän­gen der Bäcke­rei im Jahr 1931 zurück. An den letz­ten Tagen des Zwei­ten Welt­kriegs schrieb Gott­lob Maurer folgende Zeilen an seinen Schwa­ger:

Ich reiche mit meinen Kohlen noch 3 Tage und wenn ich morgen oder über­mor­gen nicht eine Holz­zu­tei­lung erhalte, so backe ich noch 2 Tage einen Brot­vor­rat für die Pauli­nen­pflege mit deren Kohlen und dann wird sich zeigen, ob geschlos­sen werden muss oder nicht, …

Heute, bald 80 Jahre später, ist Back­stu­ben­lei­ter Michael Trei­ber auf dem Weg rüber zum Berufs­bil­dungs­werk der Pauli­nen­pflege in Winnen­den. Der Weg ist nicht weit, die Pauli­nen­pflege liegt in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft der Linsen­halde, dem Maurer Firmen­sitz.

Michael Trei­ber betritt die Anlage – neben den großen funk­tio­na­len Gebäu­den wie den Schul­ge­bäu­den, mit Werk­stät­ten, Klas­sen­zim­mern, Aufent­halts­be­rei­chen und der neuen großen Mensa gibt es auch eine groß­zü­gige Park­an­lage mit Sport­plät­zen und Sitz­flä­chen zum Wohl­füh­len. Hinter dem Park befin­den sich mehrere Wohn­ge­bäude – die Inter­nate. Denn die Schü­ler kommen aus ganz Deutsch­land.

Das Beson­dere dabei: Die Zentral­kü­che ist Teil des Ausbil­dungs­pro­gramms für hör- und sprach­be­hin­derte Jugend­li­che, Autis­ten und Jugend­li­che mit psychi­schen Erkran­kun­gen. Ange­bo­ten wird ein komplet­tes Schul­sys­tem, von Haupt- und Real­schule, über verschie­dene Berufs­kol­legs bis hin zum Gymna­sium. Im Berufs­bil­dungs­werk werden 30 Ausbil­dungs­be­rufe für 300 Auszu­bil­dende ange­bo­ten.

Der Anspruch dabei: Das glei­che Spek­trum an Bildung anzu­bie­ten, wie für Jugend­li­che ohne Handi­cap. Das ist eine Heraus­for­de­rung, denn die Lehr­in­halte müssen auf die indi­vi­du­el­len Bedürf­nisse der Schü­ler ange­passt werden. „Wenn jemand nicht oder nur schlecht hört, kann fast nur über das Auge gear­bei­tet werden. Wir haben ange­passte Unter­richts­ma­te­ria­lien mit klaren Struk­tu­ren und visu­el­len Model­len, um komplexe Sach­ver­halte einfa­cher erklä­ren zu können. Das ist ein System, das in über 200 Jahren bei uns entwi­ckelt wurde“, sagt Marco Kelch. Um auf jeden Einzel­nen einge­hen zu können, betreut jeder Lehrer nur sechs Schü­ler.

„Beim Kochen
trai­niert man
Team­ar­beit!“

Armin Mössin­ger
Leiter der Produk­ti­ons­kü­che

Weiter geht es zur großen Zentral­kü­che. Auf dem Weg dort­hin sieht man bereits zwei Auszu­bil­dende in weißen Koch­ja­cken und mit hohen, weißen Koch­müt­zen. Über eine große Tür geht es in die Küche. Es herrscht reges Trei­ben, denn die Vorbe­rei­tun­gen für das Mittag­essen laufen. Man muss eini­gen Wägen auswei­chen und im Koch­be­reich hört man Töpfe klap­pern. Die Küche besteht aus mehre­ren Neben- und Kühl­räu­men, einem großen zentra­len Koch­be­reich, in dem die tägli­chen Spei­sen zube­rei­tet werden sowie einem hinte­ren Küchen­be­reich, der Ausbil­dungs­kü­che.

Hier arbei­ten jeden Tag sechs Köche und fünf bis sechs Auszu­bil­dende. Insge­samt gibt es 15 Azubis zum/zur „Fachpraktiker/in Küche“ in drei Jahr­gän­gen. Die Ausbil­dung ist in Wochen­blö­cken orga­ni­siert mit norma­lem Küchen­be­trieb, einer Ausbil­dungs­kü­che und Schul­un­ter­richt. Auf jeden Ausbil­der kommen so ein bis zwei Azubis, sodass sie in einem geschütz­ten Rahmen alles lernen können, was sie für ihren späte­ren Beruf benö­ti­gen.

Neben dem fach­li­chen Lehr­stoff lernen die Schü­ler auch soziale und Schlüs­sel­kom­pe­ten­zen wie Pünkt­lich­keit, Freund­lich­keit, Ordnung oder Sauber­keit. „Unsere Azubis können nach­her was, aber es kann schon auch eine Umstel­lung für einen Betrieb sein, mit einem hörbe­hin­der­ten Menschen zusam­men­zu­ar­bei­ten. Da ist es wich­tig, dass die Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen von Anfang an vermit­telt werden“, so Frank Gutt, Leiter der Zentral- und Ausbil­dungs­kü­che.

Einmal pro Woche gibt es tech­ni­schen Unter­richt, in dem abseits des Trubels des norma­len Küchen­be­triebs prak­ti­sches Fach­wis­sen vermit­telt wird. Zum Beispiel, wie man Kroket­ten selber macht oder mit welchen Schnitt­tech­ni­ken Kartof­feln und Gemüse verar­bei­tet werden können. 1.200 Essen werden in der Zentral­kü­che jeden Tag zube­rei­tet. 600 für die Schü­ler, Lehrer und Auszu­bil­den­den, die in der großen, neu gebau­ten Mensa Platz finden. 600 für die ca. 25 Außen­stel­len der Pauli­nen­pflege, die jeden Tag mit Mittag­essen belie­fert werden.

„Das ist echte
Kame­rad­schaft!“

Michael Trei­ber
Back­stu­ben­lei­ter

„Die Azubis lernen hier im Real­be­trieb, was es heißt, Koch zu sein. Natür­lich ist auch in unse­rer Küche der Ton rau. Die Azubis werden hier nicht mit Samt­hand­schu­hen ange­fasst. Wir haben morgens andert­halb Stun­den Voll­power, da muss alles funk­tio­nie­ren“, erzählt uns Armin Mössin­ger.

Wie in der Back­stube wird auch in der Küche mit Lebens­mit­teln gear­bei­tet. Die kann man nicht liegen lassen und morgen weiter daran arbei­ten. Es muss alles verar­bei­tet und pünkt­lich fertig­ge­stellt werden.

„Wenn die Gerichte nicht recht­zei­tig fertig sind, kannst du es gleich blei­ben lassen. Das ist auch die Verant­wor­tung, die jeder Einzelne tragen muss. Denn wenn man seinen Teil nicht beiträgt, muss es der Rest vom Team ausba­den“, so Armin Mössin­ger, Leiter der Produk­ti­ons­kü­che.

„Wir legen in der Ausbil­dung viel Wert auf  Hand­werk. Deswe­gen machen wir alles selbst. Und das Schneckt 🙂 man!“

Frank Gutt, Leiter der Zentral- und Ausbil­dungs­kü­che

Zusätz­lich zum Mensa­be­trieb wird auch Cate­ring für verschie­dene Veran­stal­tun­gen ange­bo­ten, bei denen die Azubis die Möglich­keit haben, sich zu präsen­tie­ren. Das Cate­ring für bis zu 1.000 Menschen im Thea­ter­haus in Stutt­gart zum Beispiel oder für Abi-Bälle und Firmen­fei­ern. Und dann gibt es natür­lich noch die Bestel­lung vom Bäcker Maurer. Alle zwei Wochen produ­ziert die Küche der Pauli­nen­pflege die Füllung für unsere Spinat-Feta-Schne­cken.
Als vor drei Jahren Tobias Maurer die Idee äußerte, nicht nur süße Schne­cken­nu­deln, sondern künf­tig auch pikante anzu­bie­ten, stand Back­stu­ben­lei­ter Michael Trei­ber vor einer Heraus­for­de­rung. „Ideen hatten wir viele. Aber wir wuss­ten auch, dass wir die Füllun­gen nicht selber herstel­len können. Die Back­stube ist nicht aufs Kochen ausge­legt. Und Bäcker sind nun mal keine Köche. Wir woll­ten in keinem Fall eine Fertig­fül­lung verwen­den, die einfach nur mit Binde­mit­tel kalt ange­rührt wird. Unsere Füllung sollte klas­sisch gekocht und mit
frischen Zuta­ten zube­rei­tet sein.“

Über die frei­wil­lige Feuer­wehr kannte er Gerd Hinde­rer, Küchen­meis­ter und Ausbil­der in der Pauli­nen­pflege. Und so entstand die Idee, dass die Pauli­nen­pflege die Füllung herstel­len könne. Tobias Maurer war sofort begeis­tert von der Idee. Denn so konnte nicht nur die Pauli­nen­pflege Kunde vom Maurer sein, sondern der Maurer auch Kunde der Pauli­nen­pflege. Eine schöne Winnen­der Win-win-Situa­tion!

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