
Eine Reise durch Zeit, Geschmack und Handwerk.
Vom Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris bis in die Backstube vom Bäcker Maurer in Winnenden – die Reise des Dinkels ist lang. Und voller Charakter. Sie führt durch Klostergärten, über Albwiesen, durch Zeiten des Vergessens – und durch Momente des Mutes.
Dinkel ist kein Getreide wie jedes andere. Er ist ein Erinnerer, ein Wiederentdecker. Und heute: das Herz unseres Backens. Es ist das Korn unseres größten Brots – dem Älbler aus dem Steinofen. Kraftvoll. Ursprünglich. Unverwechselbar.
Begleiten Sie uns auf eine Entdeckungstour: durch Jahrtausende, durch Wissen –
und durch den warmen Duft von Brot aus dem Steinofen, Heimat und Erinnerung.

Der Ursprung: vom Urgetreide zum Kultkorn
Die Geschichte des Dinkels beginnt vor etwa 8.000 Jahren – im sogenannten „Fruchtbaren Halbmond“, der Wiege des Ackerbaus. In diesem Landstrich zwischen Euphrat und Tigris wurde das alte Korn zum Lebensbegleiter der ersten sesshaften Menschen.
Über Handelsrouten gelangte der robuste Dinkel schließlich nach Mitteleuropa – und fand auf den kargen Höhen der Schwäbischen Alb ein neues Zuhause. Dort, wo der Boden mager und das Klima rau ist, zeigte er, was wirklich in ihm steckt.
Klöster, Bauern und Bäcker erkannten seine Kraft. Sie nannten ihn bald ihr Schwabenkorn – weil er gut zu ihnen passte. Zu ihren Feldern. Zu ihrem Alltag. Zu ihrer Art zu leben und zu arbeiten.

Vergessen: als der Weizen das Feld übernahm
Jede Geschichte kennt auch Umwege. Für den Dinkel begann dieser, als der Weizen seinen Aufstieg nahm. Der ließ sich einfacher verarbeiten, war ertragreicher, maschinentauglich – und passte besser zur neuen Zeit. Der Dinkel dagegen blieb sich treu: kernig, widerstandsfähig, anspruchsvoll. Sein Korn war durch einen festen Spelz geschützt – ideal für die Reinheit, aber hinderlich für die Effizienz.
Nach und nach verschwand das Schwabenkorn von den Feldern. Und mit ihm eine Kulturpflanze, die bald nur noch auf wenigen Höhenzügen der Alb anzutreffen war. In einer Festschrift der Universität Hohenheim aus dem Jahr 1918 heißt es nüchtern:
„Der Dinkel ist in weiten Teilen Deutschlands
unbekannt.“ Vergessen. Beinahe.
Wiederentdeckung: die Renaissance des Schwabenkorns
In den 1980er Jahren begann die stille Rückkehr des Dinkels. Werner Maurer war einer der Ersten, der das alte Getreide in seine Backstube in der Linsenhalde holte – zu einer Zeit, in der Leichtigkeit und Effizienz das Bild prägten.
1983 entstand dort ein Brot, das anders war als alles, was es bis dahin gab: kräftig im Biss, tief im Charakter, gebacken zur Hälfte mit Dinkelmehl – und mit drei Kilogramm pro Laib ein echtes Statement.
Für Werner war Brot nie nur Nahrung. Es war Ausdruck von Herkunft, Überzeugung und handwerklicher Verantwortung. Der Älbler war für ihn kein Produkt, sondern eine Haltung in Brotform.
Weil er wusste, dass echtes Brot nicht aus Maschinen, sondern aus Händen entsteht, ließ er vier Steinöfen mit Schamottplatten bauen – wie früher in den Backhäusern der Alb. Den Vorteig setzte er über Nacht an, wie es sein Vater Gottlob ihm beigebracht hatte. Jeder Laib wurde von Hand geformt, gestippt mit dem Messerle – und nach langer Ruhepause 90 Minuten auf heißem Stein gebacken.
So entstand ein Brot, das nach Zeit schmeckt.
Nach Sorgfalt. Nach Erfahrung. Und nach echter Handwerkskunst.
Bis heute ist der Älbler das meistverkaufte Brot beim Bäcker Maurer – und mehr noch: ein Zeichen für das, was uns wichtig ist. Für die Kraft der Tradition. Für die Schönheit des Einfachen.
Und für ein Handwerk, das in unserer Backstube Tag für Tag neu gelebt wird.

Schon im 12. Jahrhundert schrieb Hildegard von Bingen über den Dinkel, er habe einen warmen Charakter, stärke Körper und Seele – und tue dem Menschen gut. Heute würden viele Ernährungsexperten ihr wohl zustimmen. Denn der Dinkel ist reich an hochwertigem Eiweiß, an B‑Vitaminen, und enthält Mineralstoffe wie Magnesium, Eisen und Zink – eine natürliche Kraftquelle, die sich bewährt hat.
Sein fest sitzender Spelz schützt das Korn vor Umwelteinflüssen – das macht ihn robust im Feld, aber anspruchsvoll in der Verarbeitung. Doch gerade dieser Mehraufwand bewahrt seine Reinheit. Auch seine Glutenstruktur ist besonders: weniger klebrig, weniger dehnbar – für viele besser verträglich. Und geschmacklich? Nussig. Warm. Mit einem Hauch von Süße. Dinkel ist kein Getreide von der Stange. Sondern eines mit Charakter – und mit Geschichte.

Pflege & Partnerschaft: vom Feld bis in die Backstube
Dinkel braucht Geduld – nicht nur beim Backen, sondern schon auf dem Feld. Er wächst langsamer, bringt weniger Ertrag, das Korn ist sensibel – und das Entspelzen erfordert Sorgfalt. Deshalb gehen wir diesen Weg nicht allein: Seit 1994 arbeiten wir mit den Hohenloher Höfen zusammen. Und seit 2001 betreiben wir unseren eigenen, ungespritzten Anbau im Rems-Murr-Kreis.
Unsere Maurerkorn-Bauern sind dabei mehr als Lieferanten. Sie sind Teil einer Idee – verbunden durch Vertrauen, Erfahrung und dem gemeinsamen Ziel, aus gutem Korn ehrliches Brot werden zu lassen. Wir kennen jedes Feld, von dem unser Dinkel stammt. Und wir wissen, warum genau dort der richtige Boden für ihn ist.

Die Königsklasse: Dinkel in der Backstube
Wer mit Dinkel arbeitet, braucht Gefühl. Der Teig ist wie ein Atem – weich, wenn man ihn lässt. Zu kräftig geknetet, verliert er seine Struktur. Zu hastig geformt, wird er hart. Deshalb geben wir ihm Zeit: 16 bis 20 Stunden darf der Vorteig ruhen – still, geduldig, bis er bereit ist. Beim Formen sprechen die Hände: sanft, erfahren, mit dem Wissen, wann genug ist. Auch im Ofen braucht es Fingerspitzengefühl: Temperatur, Timing, Feuchte. Nur wenn alles zusammenkommt, entsteht ein Brot mit echtem Charakter – außen goldbraun und knusprig, innen weich, duftend, voll Seele. Ein Brot, das schmeckt wie ein Sommertag auf dem Feld. Wie Zeit, die man sich nimmt.
Dinkel steckt drin: in Vielen Maurer-Produkten
Dinkel gehört beim Bäcker Maurer längst dazu – als Älbler sogar als Spezialität des Hauses.
Zudem gibt es das Schwabenkorn im Dinkel-Karottenbrot, im Dinkel-Emmer Brot, im Dinkel-Vollkorn Brot, im Dinkelwürfel und im Frankenlaib. Und auch in Seelen, Croissants, dem Nusshörnle oder den Streuselschnitten. Mal kernig, mal fein. Mal süß, mal herzhaft. Und immer kraftvoll.

Was harmoniert besonders gut mit Dinkel?
Dinkel liebt Begleitung mit Charakter: frischer Ziegenkäse & Honig, Räucherschinken & Meerrettich, gegrillte Feige & Ricotta, Kräuterquark & Schnittlauch, Ofengemüse & Olivenöl oder Apfel, Zimt & Mandel. Sein warmer, nussiger Geschmack macht ihn zum Allrounder – vom Vesperbrot bis zum Sonntagskuchen.
Dinkel ist für uns kein Trend, sondern ein Versprechen. Ein Stück Identität. Und ein Korn mit Zukunft. Weil er tiefe, starke und vor allem echte Wurzeln hat. Und weil Werner Maurer mutig genug war, zu erkennen, was in ihm steckt.
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