Unser Älbler wird dieses Jahr 40 Jahre alt. Ein Grund zu feiern und auf seine Geburts­stunde zurück­zu­bli­cken.

Wir haben uns mit Tobias Maurer im Bäcke­rei Café in der Waib­lin­ger Bahn­hof­straße getrof­fen. Mit am Tisch: das origi­nal Back­buch von Tobias’ Vater Werner Maurer mit dem Origi­nal­re­zept seines Älbler Stein­ofen­brots.

Ein Gespräch über die Dinkel­re­nais­sance. Und darüber, welch bedeu­ten­den Einfluss der Älbler auf das Backen beim Maurer hat.

Tobias Maurer sitzt auf der Couch im Bäcke­rei-Café in der Bahn­hof­straße in Waib­lin­gen. In der Hand ein blaues, abge­grif­fe­nes Back­buch. Es ist nicht irgend­ein Back­buch, sondern das von seinem Vater Werner Maurer. Die Seiten sind mitt­ler­weile vergilbt und liegen teils nur lose im Einband. Schöne Patina könnte man sagen. Das Unglaub­li­che daran: der Inhalt ist
topak­tu­ell. Denn nach diesen Anlei­tun­gen werden auch heute noch ein Teil der Brote, Kuchen und Süßwa­ren vom Bäcker Maurer geba­cken. Das Älbler Stein­ofen­brot sogar noch exakt so, wie es im Buch steht. Mit welch ordent­li­cher Hand­schrift Werner Maurer alles­zu­sam­men­ge­tra­gen hat, mag heute altmo­disch wirken – passt aber gut zum tradi­tio­nell hand­werk­li­chen Backen.

„Das Älbler Stein­ofen­brot war eine Rückbesinnung auf das ganz tradi­tio­nelle Backen, wie es mein Groß­va­ter Gott­lob Maurer in den 1930er-Jahren ausgeübt hat. Mit gut ausge­reif­ten Vortei­gen, einem aroma­ti­schen Sauer­teig und dem scho­nen­den Backen auf dem heißen Stein!“

Tobias Maurer
Bäcker­meis­ter und Brot­som­me­lier

Dieses Buch lag jahr­zehn­te­lang neben der Teig­ma­schine und auf dem Back­tisch. Da sind Rezepte aus den 50er- bis 80er-Jahren drin. Aus der Zeit, als mein Vater noch voll in der Back­stube geschafft hat. Das sind Rezepte für Flamm­kuchen, Flachs­wi­ckel oder zum Beispiel der Hefe­kranz – ein Origi­nal­re­zept, das wir auch heute noch genau so nutzen. Hinten kommen die Brote. Zum Beispiel unser Gott­lobs. Und dann: Dinkel­brot, Älbler. Ursprünglich hieß es Dinkel­brot. Irgend­wann ist es dann zum Älbler gewor­den. Man sieht es noch: Mit schwar­zem Kuli wurde der Name Älbler neben Dinkel­brot ergänzt. Das zeigt schon mal, dass mein Vater in erster Linie ein Dinkel­brot haben wollte. Dann kam die Größe dazu, das Brot an sich und das Urige. Und weil der Dinkel ursprünglich von der Schwä­bi­schen Alb kam, hat er es schließ­lich Älbler genannt. Meinem Vater war es immer wich­tig, dass alles zusam­men­passt. Und krea­tiv durfte es auch sein.

„Dinkel ist das beste Getreide, fettig und kraft­voll und leich­ter verträg­lich als alle ande­ren Körner. Es verschafft dem, der es isst, ein rech­tes Fleisch und berei­tet ihm gutes Blut. Die Seele des Menschen macht er froh und voll Heiter­keit. Und wie immer zube­rei­tet man ihn isst, sei es als Brot, sei es als andere Speise, ist er gut und lieb­lich und süß“

Hilde­gard von Bingen (*1098, †1179)

bedeu­tende natur- und heil­kun­dige Univer­sal­ge­lehrte

Bist du stolz auf die 40 Jahre Älbler?

Als mein Vater in den 80er-Jahren den ersten Älbler geba­cken hat, erlebte der Dinkel gerade seine Renais­sance. Eigent­li­che war er zu dieser Zeit schon fast komplett verges­sen und spielte in der Back­stube keine Rolle mehr. Nur auf der Schwä­bi­schen Alb wurde noch Dinkel ange­baut, weil der auch in kargen Gegen­den wächst. Viele Leute haben mit dem Kopf geschüttelt, als mein Vater verkündete, dass er ein Dinkel­brot in den Laden bringt. Heute wissen wir, dass man aus Dinkel viele tolle Sachen machen kann. Und dass er für viele Verbrau­cher auch besser bekömm­lich ist. Dass mein Vater mit dem Älbler seiner Zeit voraus war, macht mich schon stolz. Und dass der Älbler noch heute unse­rer belieb­tes­tes Brot ist, eben­falls. Es ist aber auch eine Verpflich­tung.

Der Bäcker Maurer wird immer mit dem Älbler verknüpft. Wir werden uns daher auch immer anstren­gen, den Älbler mindes­tens so gut zu machen, wie mein Vater ihn gemacht hat.

Der Älbler besteht zu über 40% aus Dinkel. Dinkel ist eine Urform des Weizens. Er enthält mehr Eiweiß, Mine­ral­stoffe und Vitamine. Durch die zusätz­li­che Hülse, dem „Spelz“, ist das Korn weitest­ge­hend resis­tent gegen Pilz­be­fall und macht den Einsatz von Spritz­mit­teln unnö­tig. Die Schutz­schicht muss vor dem Mahlen entfernt werden, was damals im Umkreis nur eine Mühle konnte.

Schlau­rer mit Maurer

Dinkel gibt die Feuch­tig­keit schnel­ler ab als Weizen, weshalb ein lang gereif­ter Vorteig enorm wich­tig ist, denn so wird das Wasser länger und besser gespei­chert. Er muss anders gekne­tet werden und auch der Dinkel selbst ist wich­tig. Wir verwen­den ausschließ­lich die alten Sorten, die genau so auch auf der Schwä­bi­schen Alb ange­baut wurden. Also echten Dinkel und keinen gekreuz­ten, der mehr in Rich­tung Weizen geht.
Deshalb bauen unsere Maurerkorn®-Bauern auch nur den Dinkel an, den wir brau­chen, in genau der Quali­tät, die wir brau­chen. Auch wenn ein Zuge­winn an Quali­tät weni­ger Ertrag bedeu­tet.

Getrei­de­ernte auf dem Schmi­de­ner Feld

Weni­ger Ertrag dafür höhere Quali­tät. Das ist nicht nur eine Eigen­schaft vom Dinkel sondern auch vom Älbler, oder?

Das zieht sich bei uns im gesam­ten Unter­neh­men durch. Alles was wir machen, wollen wir auch gut machen. Da steht die Quali­tät immer im Vorder­grund. Das fängt natür­lich beim Getreide auf dem Acker, unse­rem Maurer­korn®, an. Beim Älbler ist mir das Maurer­korn® mindes­tens so wich­tig wie der Dinkel. Weil die Quali­tät einfach eine andere ist. Da haben wir so viel drin: die Stär­kung der regio­na­len Land­wirt­schaft, den Grund­was­ser­schutz, den Insek­ten­schutz oder das garan­tiert unge­spritzte Getreide. Unsere Bauern auf dem Schmi­de­ner Feld könn­ten viel mehr Getreide anbauen, wenn sie auf Spritz­mit­tel zurück­grei­fen würden. Das tun sie aber nicht. Statt­des­sen geben sie dem Getreide genü­gend Halm­ab­stand, was auf natür­li­che Weise vor Pilz­be­fall schützt. Das bringt natür­lich weni­ger Ertrag. Auch in der Back­stube zieht sich das weiter durch. Für den Älbler setzen wir Vor- und Sauer­teige an. Das ist ein Aufwand, den wir betrei­ben, weil es einfach wich­tig für die Quali­tät im Brot ist – für den Geschmack, die Frische, das Aroma. Und es geht weiter beim Backen vom Älbler. Durch die Größe bekom­men wir maxi­mal vier Brote in den Ofen und keine zwölf. Zudem backen wir den Älbler im Stein­ofen, den man eh nicht so inten­siv belas­ten kann, weil er eine doppelt so lange Aufheiz­phase hat. In der Zeit kann ich natür­lich nicht backen. Auch die Back­zeit ist durch die Größe länger: andert­halb Stun­den statt nur einer Stunde. Wir haben also viel mehr Aufwand und viel weni­ger Ertrag. Aber der Älbler ist den Aufwand wert. Und all das passt auch zum Älbler. Denn auf der Alb braucht alles seine Zeit. Und der Spruch „no ned hudla“ passt bestimmt auch dort hin.

Was viele nicht wissen: Maurer­korn® ist nicht nur nah, sondern es wächst auch auf einem Boden, dem es so rich­tig gutgeht. Regio­na­li­tät heißt hier im Rems-Murr-Kreis also auch noch Quali­tät.

Die Regio­na­li­tät ist für uns genauso eine Verpflich­tung wie die 40 Jahre Älbler. Ich möchte das jetzt nicht unbe­dingt poli­tisch machen, aber ich kann mir zum Beispiel nicht vorstel­len, dass man quer durchs Schmie­de­ner Feld eine Schnell­straße baut. Denn hier haben wir nach der Magde­bur­ger Börde einfach die besten Böden, die es in Deutsch­land heute noch gibt.

Das muss man auch als Gesell­schaft erken­nen und bewah­ren, damit wir dort auch weiter­hin tolle Lebens­mit­tel anbauen können, die wir direkt hier in der Region verbrau­chen!

Der Älbler war nicht nur Wegbe­rei­ter für den Bäcker Maurer, weil es das erste Dinkel­brot war, sondern es hat auch eine Renais­sance des Hand­werks bedeu­tet.

Wenn man das Rezept­buch von meinem Vater durch­blät­tert, dann sieht man genau, dass es eine Zeit vor und eine nach dem Älbler gab. Damit der Älbler durch den Dinkel nicht trocken wird, brauchte der Teig eine längere Teig­ruhe. Nur dann konnte das Wasser in der Stärke binden. Der Älbler war damals das erste Brot, bei dem mein Vater einen Vorteig über Nacht gemacht hat. Genau so, wie ganz früher sein Vater. Das war eine Rück­be­sin­nung auf das ursprüng­li­che und hand­werk­li­che Backen. Das hat natür­lich auch eine Verän­de­rung für unsere ganze Fami­lie bedeu­tet. So wie die Bauern um sechse daheim sein muss­ten, um die Kühe zu melken, so musste auch die Fami­lie Maurer sonn­tag­abends daheim sein, damit der Vorteig für den Älbler gemacht werden konnte. Mein Vater hat natür­lich gemerkt, dass das ein heiden Geschäft ist. Deshalb war das dann irgend­wann meine Aufgabe, sobald ich alt genug war (lacht). Dann musste ich mit dem Fahr­rad in die Back­stube fahren und die drei Kessel Älbler Vorteige machen. Es sind dann mit der Zeit noch viele weitere Vorteige dazu­ge­kom­men und heute setzen wir für alle unsere Brote Vor- und Sauer­teige an und geben ihnen genü­gend Zeit zum reifen. Vermut­lich sind wir heute dem Backen von Gott­lob Maurer näher, als wir es noch in den 70er-Jahren waren. Auch, wenn wir heute viel mehr mit tech­ni­scher Unter­stüt­zung backen.

„Tradi­tio­nel­les
Back­hand­werk ist für
mich die Art, wie mit
dem Rohstoff
umge­gan­gen wird.
Das Anset­zen von
Vor- und Sauer­tei­gen,
das scho­nende
Formen des Brotes
oder die opti­male Reife
und Tempe­ra­tur.“

Tobias Maurer
Bäcker­meis­ter und Brot­som­me­lier

Ruhen, formen, backen!

„Wenn du nach fünf Stun­den
Arbeit in der Back­stube das
Ergeb­nis siehst und schmeckst,
fühlst du dich einfach groß­ar­tig!“

Tobias Maurer
Bäcker­meis­ter und Brot­som­me­lier

Viele Leute denken ja, dass die Back­stube immer mehr zu einer Fabrik wird. Doch die tech­ni­sche Unter­stüt­zung bedeu­tet ledig­lich, dass das Bäcker­hand­werk keine mühsame Schuf­te­rei mehr ist. Tech­no­lo­gie heißt in erster Linie, dass sich die Bäcker besser darauf konzen­trie­ren können, nach tradi­tio­nel­ler Art zu Backen.

Hand­werk ist nach meiner Inter­pre­ta­tion, dass wir mit den weni­gen Rohstof­fen die wir benö­ti­gen, so umge­hen, wie es uns unsere Väter und Vorvä­ter gelehrt haben. Wir müssen immer bestrebt sein, aus unse­ren wert­vol­len Rohstof­fen das Beste herzu­stel­len. Einfach auch einen ange­mes­se­nen Respekt dem Rohstoff gegen­über zu haben. Der Bäcker­be­ruf ist ja dafür bekannt, dass er körper­lich anstren­gend ist. Die Brote in den Ofen schie­ben oder wieder raus­ho­len, die großen Teig­men­gen kneten und den Teig aus dem Kessel holen. Das geht auf den Körper. Von diesen schwe­ren körper­li­chen Tätig­kei­ten wollen wir unsere Mitar­bei­ter Stück für Stück entlas­ten. Heute über­nimmt die schwere Arbeit der Ofen, die Knet­ma­schine oder der Hebe­kip­per. Und der Bäcker kümmert sich in der Zeit wieder um sein nächs­tes Brot und schaut, dass es von der Reife opti­mal ist, dass es schön geschnit­ten ist, dass alles von vorne bis hinten passt. Wenn unsere Bäcker mittags fix und fertig sind, weil sie den ganzen Tag am Ofen geschafft haben und ihnen das Kreuz wehtut, dann bringt das dem Produkt nix. Wich­tig ist doch, was am Ende bei unse­ren Kunden ankommt. Nämlich ein Älbler, so wie er sein muss. Am Ende ist es der Genuss, der entschei­det. Ob das Brot auto­ma­tisch in den Ofen kommt oder nicht, das schmeckt der Kunde nicht. Aber er schmeckt, ob der Vorteig stimmt, ob der Sauer­teig stimmt, ob die Teig­ruhe lang genug war und all die ande­ren Dinge die wich­tig sind. Das ist unsere Idee von Hand­werk und dafür sind wir auch täglich da. In jedem ande­ren Hand­werk wird tech­ni­sche Unter­stüt­zung auch gerne gese­hen oder sogar gelobt. Warum sollte es beim Bäcker anders sein.

Das Tolle am Fort­schritt ist ja, dass er von Routi­ne­ar­beit und von schwe­rer körper­li­cher Arbeit befreit. Und dass man sich voll und ganz auf das Hand­werk und viel­leicht auch auf das Künst­le­ri­sche konzen­trie­ren kann. Es ist wirk­lich faszi­nie­rend, wie ein Älbler von Hand geformt wird.

Das scho­nende Formen des Brotes von Hand, das werden wir nicht auto­ma­ti­sie­ren. Das ist etwas ganz Beson­de­res. Und wenn heute eine junger Mensch bei uns als Azubi anfängt, dann fängt er schon auf einem ganz ande­ren Niveau an als ich damals. Ein Azubi darf bei uns von Anfang an Brot formen. Einen Älbler viel­leicht noch nicht, da muss er sich erst noch ein biss­chen bewäh­ren (lacht). Ganz egal, ob es ein Lehr­ling oder Meis­ter ist. Die Tech­nik hat uns vieles erleich­tert und unsere Bäcker können genau das machen, worin sie die meiste Erfül­lung für sich sehen. Übri­gens ist eine Maschine maxi­mal so gut, wie der, der sie bedient. Wenn ein Mensch nicht weiß, was die Maschine tut, wird er nie ein tolles Produkt damit herstel­len können.

Du hast ja auch sehr lange in der Back­stube gear­bei­tet. Was hat dich am meis­ten erfüllt?

Ich bin seit über drei­ßig Jahren im Unter­neh­men. Mit die schönste Zeit war für mich die in der Back­stube. Da geht was, da ist ordent­lich Dampf dahin­ter. Und nach vier oder fünf Stun­den gehst du in die Versand­ab­tei­lung und siehst die Unmen­gen an Back­wa­ren und denkst „das hab ich gemacht, mit meinen Kolle­gen zusam­men“. Das Ergeb­nis sieht man sofort. Und wenn du dann deine Pause machst und ein Stück
Brot oder ein süßes Stückle isst und das schmeckt auch noch fantas­tisch, dann gibt dir das persön­lich ein rich­tig gutes Gefühl, Genuss und Zufrie­den­heit. Deshalb ist für mich Bäcker sein auch der tollste Beruf und das frühe Aufste­hen ist übri­gens nicht so schlimm, wie viele immer denken.

Back­frisch aus dem Stein­ofen

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